Es gibt keine gewöhnlichen Momente

Vom Alltäglichen zum Besonderen. Oder umgekehrt.

Der alltägliche Spruch vom „Carpe diem“ ist uns irgendwo schon so gewohnt geworden, dass er schon gewöhnlich ist, oder? Natürlich kennen wir den Grundgedanken dahinter. Zumindest vermeinen wir dies. Aber wie gehen wir um mit derartigen „Weisheiten“, die schon so zur Redensart geworden sind, dass wir das dahinterliegende Momentum schon wieder gar nicht mehr wahrnehmen?

aus dem Römischen kommt es, erwähntes „Carpe diem“ („Pflücke den Tag!“)  und ist eine Redewendung aus einer Ode des Horaz. Das andere Zitat, das hier auch für die Überschrift benutzt wurde, ist die Aussage einer Romanfigur von Dan Millman, die nach stundenlanger Meditation über den „Sinn des Lebens“ vor ihrem Lehrer antritt und verkündet: „Es gibt keine gewöhnlichen Momente!“

Und beides meint ein und dasselbe: jener Moment, der gerade IST, das ist der wichtig(st)e. Und allein aufgrund dieser Tatsache - ist er einzigartig. Denn, ist er erstmal vorbei, ist er nur mehr Erinnerung und nicht mehr wiederzuerlangen.

Und wissen täten wir’s ja, nur die Gewohnheit macht uns immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Denn wenn jemand sagt: „Lebe den Augenblick!“ - wünscht er sich dabei trotzdem wieder einen anderen Augenblick herbei irgendwie. Einen, der weniger traurig, weniger anstrengend, weniger (oder aber: mehr) was-auch-immer sei.

Das Dilemma scheint zu sein, dass wir so gerne „würden“, im Moment leben nämlich, den Moment genießen - aber (siehe oben) lieber auf einen anderen, den nächsten Moment warten, der vielleicht ein bisschen besser, noch ein bisschen schöner ist als der aktuelle. Denn DEN Moment, den könnten wir dann genießen. Und wir bemühen uns redlich den ganzen Tag lang, über Wochen und Monate hinweg, eben diesen einen Moment zu finden irgendwo. In Kroatien beim Golfspielen, in London beim Rockkonzert oder abends erotisch mit dem Partner. Aber ernüchternd die Ergebnisse meist. Weil wir feststellen, dass wir solche Momente (ja?) durchaus gefunden haben, dazumals. Bloß, sie sind schon wieder vorbei. Wir waren ja grad wieder mal beschäftigt - Fotos zu machen, zum Beispiel. Die aktuellen Smartphones legen da nochmal einen drauf aktuell. Eine Epedemie fast, wo immer man hinkommt.

Wir sammeln die Momente also offenbar nur do­kumentarisch, nur, um sie hinterher vorzeigen zu können. „Schaut mal! Da, links von der Palme, das bin ich - wie ich grad den Moment genieße!“

Ja, „Carpe diem“ - das wär schon was! Bloß die Zeit finden wir nie dazu. Oder den Moment finden wir nicht ausreichend „besonders“. Da holt uns ei­gentlich nur die Erkenntnis heraus, dass jeder Moment immer ein besonderer Moment ist. Sogar seine „Unbesonderheit“ macht ihn zu etwas Besonderem. Eine endlose Kette an Momenten, eine endlose Abfolge von „Besonderheiten“, singulären Ereignissen. Womit es schlicht egal wäre, wenn „der eine“ vorbei ist und „der nächste“ noch nicht da. Alle allesamt besonders und einzigartig! Immer „Hier“ und immer „Jetzt“.

Aber dazu müsste man dann einmal innehalten, still sein und dem eigenen SEIN lauschen. Aber auch das wäre schon wieder etwas, das uns vom „richtigen Leben“ abhält. Oder?

Der Autor, Thomas-Per Harlandner, lebt mit seiner Lebensgefährtin am Rand von Salzburg
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