Kunst und Erkenntnis
Warum die Einsicht von Aussen kommt
In manchen Gesprächen mit manchen Menschen stellt man immer wieder fest, dass sich genannte „Manche“ nur sehr selten damit konfrontieren, was der Sprachgebrauch „Kunst“ nennt. Dabei ist „Kunst“ ja nun wirklich nicht eine Aufforderung, dem entsprechenden „Künstler“ auch Bewunderung oder Anerkennung entgegen zu bringen. Es ist eigentlich eine Begegnung mit sich selbst.
Erlebt haben wir es ja vielleicht alle schon einmal: wenn über Kunst im Allgemeinen und im Speziellen gesprochen wird, so huldigt der Sprecher/die Sprecherin gerne dem, was einem selber gefällt und spricht vielleicht etwas abwertend von dem, was ihm/ihr nicht „zu Gesicht steht“. Das kann nun die klassische darstellende Kunst betreffen, aber auch Architektur oder Musik. Dabei kann „Kunst“ im weitesten Sinne sehr viel mehr sein, als nur das Betrachten von Werken Anderer mit dem Ziel, zu sehen, was man erwartet.
Sehen wir’s mal so: da stellt sich jemand hin und sieht sich in einer z.B. Ausstellung ein Bild an. Was aber geschieht nun? Im Grunde findet ja jetzt eine Konfrontation statt zwischen dem, was der Künstler, der Gestalter des Bildes, auf- oder vorzeigt und dem, was der Ausstellungsbesucher damit assoziiert, in weiterer Folge empfindet.
Was nun aber letzteres betrifft, also das Empfinden des Betrachters, so hängt dieses natürlich – und wenn dieser ehrlich mit bzw. aufmerksam gegenüber sich selbst ist – ganz unmittelbar davon ab, wie dieser Betrachter sozialisiert wurde im Laufe seines Lebens. In welcher Gesellschaft er aufgewachsen ist, welche Erziehung er genossen und welchen Bildungsstand er sich erworben hat und vieles mehr.
Aus meinen Reaktionen auf ein „Bild im Aussen“ kann ich also – die angesprochene Aufmerksamkeit sich selbst gegenüber vorausgesetzt – unmittelbar Rückschlüsse auf die Beschaffenheit meiner selbst ziehen. Und so bewahrheitet sich im simplen Spaziergang durch eine Ausstellung das, was eigentlich das ganze Leben uns gewärtig sein sollte: die meist so „unabhängig“ postulierte Aussenwelt ist wiederum und fortwährend „nur“ ein Spiegel unserer eigenen inneren Befindlichkeiten. Oder anders herum: ich kann – als bewusst denkender und seiender Mensch – doch immer wieder nur das wahrnehmen, was bereits in mir selbst eine wie immer geartete Entsprechung, sein Gegenstück quasi, hat.
In diesem Sinne wären die nun kommenden Wintertage doch die passende Zeit, wieder einmal eine Ausstellung zu besuchen, die mir im ersten Moment vielleicht „nicht entspricht“. Denn es könnte – und es wird! – ja sein, dass ich dabei auch etwas über jenen Menschen erfahre, der mir am nächsten ist – mich selbst. Und die ebenfalls ins Haus stehende Adventszeit könnte ich ja dann auch dazu benutzen, besinnlich mit diesen Selbsterkenntnissen umzugehen. Um dann vielleicht festzustellen, dass man auch in Bezug auf sich selbst nie auslernt.
Der Autor, Thomas-Per Harlandner, lebt mit seiner Lebensgefährtin am Rand von Salzburg
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