... zu wenig Indianer
Was es bedeutet, im Team zu arbeiten
Das Thema drängt sich auf. Vor allem auch aus politischer Sicht. Denn den Leitkulturen ermangelt es mehr und mehr an Führungspersönlichkeiten. Und es scheint dies ein Generationskonflikt zu sein. Unsere älteren Generationen finden Leitpersonen (der Ausdruck „Führer“ hat ja ein [teils] schlechtes Image) durchaus selbstverständlich. Während die nachfolgende Generation dagegen rebellierte.
Dabei wäre das Thema vergleichsweise einfach: jede Organisation benötigt eine (wie immer geartete) „Kommandostruktur“. Oder anders: Leute, die sich um den Kurs kümmern. Oder um beim Thema zu bleiben: Häuptlinge.
Jetzt ist es aber so, dass eigentlich niemand „nur Indianer“ sein will. Denn das wären ja die Fußtruppen, die letztlich tun müssten, was die Häuptlinge ausgetüftelt haben. Um aber letztlich „Häuptling“ sein/werden zu können, müsste man sich dazu vom einfachen Stammesmitglied in eine/diese Führungsposition hochgearbeitet haben.
Die „Aargauer Zeitung“ schrieb dazu so: „Die Arbeitskultur hat sich in den letzten Jahren fundamental gewandelt. […] Das Problem: Wo keine Karriereleiter vorhanden ist, gibt es keine Sprosse zum Aufstieg. Daher drücken […] Unternehmen ihre Wertschätzung mit Titeln wie Chief Marketing Officer oder Chief People Officer aus.“[https://www.aargauerzeitung.ch/wirtschaft/zu-viele-haeuptlinge-zu-wenige-indianer-130025125]
Man verleiht (sich) also irgendwelche Titel mit einer undefinierter (d.h. eigentlich gar keiner) Bedeutung. Man erschafft Häuptlinge. Und Unterhäuptlinge. Wobei der Hauptgrund sein mag, Wichtigkeit zu vermitteln. Und dann haben wir Situationen, wo derartige (mehr oder weniger sinnvolle und/oder aussagekräftige) Titel gar nicht offiziell vergeben werden, sich die Leute selbst solche zulegen. Womit intern eine Hierarchie geschaffen wird, die es „im wirklichen Leben“ so gar nicht gibt. Was wiederum einen großen Vorteil birgt: es existieren keine Konkurrenten. Man macht sich zu einem Häuptling und keiner macht’s einem streitig. Und gibt es keine expliziten Funktionen, dann gibt es auch keine expliziten Verantwortlichkeiten, die im Ernstfall übernommen werden und für die man letztlich irgendwann gradestehen müsste. Den letzten beissen die Hunde. Sagt man so.
Und jeder Häuptling ist stets darauf bedacht, auch Häuptling zu bleiben. Konkurrenz (aber damit auch Nachfolge!) ist unerwünscht. Man ist und bleibt einzigartig und hat keine Mitbewerber zu fürchten. Was gut funktioniert für das einzelne Individuum. Aber schlecht ist für den ganzen Stamm. Denn: was wäre das für ein Indianerstamm, der hauptsächlich aus Häuptlingen besteht, dem es aber akut an den einfachen Indianern mangelt, die die (doch gar nicht so) einfache Arbeit tun und dafür auch noch den Kopf hinhalten sollten, wenn’s denn eng wird?
Der Autor ist Grafiker und lebt mit seiner Lebensgefährtin und den beiden Hunden am Rande von Salzburg.
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