FEUILLETON - Was wir sehen und was (noch) nicht

Was wir sehen und was (noch) nicht

Astronomie und wie sie unseren Kosmos erweitert

Jedem von uns ist der Nachthimmel etwas Vertrautes und etwas Romantisches. Wir im Zentrum und alle Existenz um uns, eingebettet in das schwarze Nichts, das unsere Erde verdunkelt des Nachts, dann erst sichtbar wird, so gesehen. Aber all dieses Nichts, diese Schwärze, ist angefüllt mit noch mehr Raum, mehr Licht, mehr Materie, mehr Energie  - und weiterer Existenz. Fragezeichen.

Wie gesagt, wir lieben es, unter dem dunklen Firmament zu sitzen und in die Nacht zu  blicken. Die Sterne. Und die Bereiche dazwischen, die dunklen, in denen sich nichts (“Nichts“) befindet. Zu befinden scheint.

Und es sind ja eben diese „Bereiche dazwischen“, die zum einen das Sichtbare, das Bekannte, zu dem machen, was es ist, zum anderen aber zu der Frage führen: ist in diesem dunklen Nichts wirklich nichts?

Diesem ganz grundlegenden Gedanken gingen Astronomen, Astrophysiker, Kosmologen dann im Dezember 1995 mit dem Hubble-Weltraumteleskop auch nach. Sie wählten einen minimalen, praktisch leeren Bereich des Nacht(…)himmels von der Größe, in der ein Tennisball in 100m Entfernung erscheint. Ein Bereich von der Größe als würden wir durch einen Strohhalm ins Finstere blicken. Und dann belichteten (“fotografierten“) sie diesen 10 Tage lang. Das daraus resultierende Bild ist als „Hubble Deep Field“ (HDF) bekannt und zeigt über 3.000 klar erkennbare Galaxien. Daraus hochgerechnet, schätzt man die Anzahl von Galaxien im Universum heute auf etwa hundert Milliarden (manche Berechnungen gehen bis zu 200 Milliarden) - und jede wiederum enthält rund hundert Milliarden Sterne.

Diesen Vorgang toppte man schließlich im September 2012 mit dem sog. „Hubble Extreme Deep Field“ (HXDF), in dem man nun über 5.500 Galaxien ausmachen konnte. Und so schreitet sie also voran, die Erforschung aller „Terra Incognita“, unbekannter und ungesehener Bereiche.

Aber wir wissen (…), dass das, was wir „hier“ so sehen, nicht das ist, was aktuell „dort“ gerade ist/geschieht. Das Licht, das uns hier erreicht ist (teils) bereits über 13 Milliarden Jahre alt. Ein Blick in die Vergangenheit.

Apropos „Blick in die Vergangenheit“ - machen wir uns doch hier & dann mal die Mühe und stellen wir den Vergleich (…) zu einer persönlichen Selbsterkenntnis her, als existierten wir alltäglich in einer Blase fortwährender Terra Incognita.

Wir schauen in unserem Alltag ständig ins Finstere und in leere Bereiche - und belassen diese dann meist als solche. Dabei wäre hier so sehr viel mehr zu entdecken. Auch wenn es - analog zu Entfernung und Lichtgeschwindigkeit - „nur“ Bilder unserer Vergangenheit sind oder wären. Doch würde uns ein derartiges Gedankenexperiment sehr viel weiterbringen. Menschlich.

Fotos: NASA/ESA; scienceblogs.de