THEMA - Bauchfett

Bauchfett - ein endokrines Organ

Warum die Fettpolster am Bauch so verteufelt werden

Das so ungeliebte Bauchfett ist nicht nur alleine Fett, es ist viel mehr. Bauchfett gilt als ein Organ, das Hormone produzieren kann und damit auf den gesamten Organismus Einfluss ausübt. In dieser Funktion ist es unter anderem auch verantwortlich für entzündliche Prozesse und weitere Krankheiten - wie etwa Arteriosklerose - stehen damit in Zusammenhang.

Hat man früher das Fettgewebe einfach nur als Ansammlung von Fettzellen zu Speicherzwecken gesehen, so weiß man jetzt, dass wesentlich mehr dahinter steckt. Die Adipozyten (Fettzellen) reagieren auf metabolische und endokrine Reize mit Fettauf- oder –abbau. Das ist seit ewig und jedermann bekannt. Neu ist, dass die Adipozyten auch Peptidhormone, Zytokine (das sind Eiweißstoffe, die das Wachstum und die Differenzierung von Zellen beeinflussen und u.a. eine wichtige Rolle im Immunsystem spielen) und hormonell wirksame Lipidmoleküle sezernieren können.

Außerdem besteht das Fettgewebe nicht nur aus Fettzellen sondern auch aus vielen anderen Zellen wie Fibroblasten, Makrophagen usw., die ebenfalls hormonell aktive Substanzen produzieren können. Über das Blut werden diese zu anderen Organen transportiert und so übt das Fettgewebe eine endokrine Funktion auf den gesamten Organismus aus. Diese Hormonfunktion ist für das Fettgewebe wichtig, denn damit kann es mit den Organen kommunizieren und Vorgänge in Leber, Skelettmuskel und Zentralnervensystem kontrollieren. Ohne diese Kommunikation würde es zu einer unbegrenzten Fettspeicherung kommen. Werden aber, aufgrund sehr großer Mengen an Fettgewebe, zu viele Hormone produziert, dann kommt es zu Problemen.

Fettgewebe findet man an den unterschiedlichsten Stellen im Körper. Aus metabolischer Sicht ist es wichtig zu unterscheiden, ob es sich um Bauchfett handelt oder um subkutanes Fettgewebe. Weiters gibt es auch noch Fettgewebe, das sich um die Blutgefäße herum befindet. Man nennt dieses perivaskuläres Fettgewebe. Es hat ebenso wie das Bauchfett ungünstige Einflüsse auf den Körper.

Nachdem die Adipositas (Fettleibigkeit)  bereits epidemisch auftritt, ist der Einfluss, den das Fettgewebe auf den gesamten Organismus hat, von großer Wichtigkeit. Weltweit sind bereits mehr als 1 Milliarde Menschen davon betroffen und auch Österreich oder Deutschland sind davon nicht ausgeschlossen. Die häufigsten mit Adipositas assoziierten Folgekrankheiten sind Diabetes mellitus Typ II (und seine Folgeerscheinungen), Gallensteinleiden und das Schlafapnoesyndrom, gefolgt von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Aufgaben des Fettgewebes

Ausschüttung von Blutfetten: die Haupttätigkeit des Fettgewebes ist das Ausschütten von Fettbestandteilen an das Blut, damit in Zeiten des Energiemangels (Nahrungsengpass) aus diesen Blutfetten Energie gewonnen werden kann. Da wir heutzutage aber keinen Nahrungsmangel leiden, gelangt zu viel Fett ins Blut und es kommt zu Hyper­triglyceridämie. Dadurch wird Arteriosklerose gefördert und die Gefahr für Durchblutungsstörungen mit Herzinfarkt und Schlaganfall steigen.

Hormonproduktion: neben den Fettsäuren gibt das Bauchfett auch Hormone und hormonähnliche Substanzen an den Organismus ab. Dazu gehört z.B. Östrogen. Diese Hormonproduktion ist grundsätzlich sinnvoll, denn dadurch werden die Eierstöcke der Frau entlastet. In den Wechseljahren haben Frauen, die etwas Bauchansatz zeigen, weniger Wechseljahrbeschwerden als extrem schlanke Frauen und die gefürchtete Osteoporose tritt seltener auf. Diese Vorteile findet man jedoch nur bei leichter Adipositas. Bei sehr übergewichtigen Frauen kommt es durch die massiven Fettpolster eher zu verstärkten Wechselbeschwerden. Vor allem die Hitzewallungen und der Nachtschweiß wirken sich besonders stark aus.

Auch Männer profitieren von ein bisschen Östrogen aus dem Fettgewebe, denn es macht die Haut geschmeidig und das Haar voll. Zu viel Bauchfett und damit zu viel an Östrogen bewirkt bei den Männern allerdings breite Hüften und Beine sowie ein unschönes Brustwachstum

Produktion von Entzündungsstoffen: Bei einer Adipositas kommt es zu Entzündungsvorgängen im Fettgewebe. Dieses produziert in weiterer Folge eine große Anzahl von entzündlichen Zytokinen und Chemokinen, die die Auswirkungen des Entzündungsgeschehens in den ganzen Körper transportieren. Man entdeckte zuerst den Tumornekrosefaktor alpha (TNF). In der Zwischenzeit wurden noch viele andere Entzündungsstoffe identifiziert. So z.B. Interleukin-6 (IL-6) oder Osteopontin. Interleukin-6 spielt bei Entzündungen und Immunreaktionen eine wichtige Rolle, indem es die Entzündung aufrechterhält. Diese Aufgabe ist sehr wichtig, denn Entzündungen können sehr sinnvoll sein, wenn es darum geht, Krankheitserreger zu bekämpfen oder schadhaftes Gewebe zu erneuern. Die Entzündung ist also ein wichtiges Instrument unseres Abwehrsystems. Nur mit Hilfe einer Entzündung können wir verschiedensten Keimen Herr werden und Wunden heilen. Ein zu viel an IL-6 ist allerdings schädlich und kann zu chronisch-entzündlichen Erkrankungen führen. Kommt zu viel IL-6 im Blut vor, dann kann es sich in den Blutgefäßen ablagern und dort ebenfalls zu Entzündungen führen, was eine Arteriosklerose nach sich zieht.

Die vom Fettgewebe produzierten Zytokine (Adipokine) beeinflussen nicht nur das Entzündungsgeschehen im Fettgewebe sondern haben auch Auswirkung auf das zentrale Nervensystem, die Muskulatur, die Leber und auch das Herz-Kreislauf-System

Wieso es im Fettgewebe zu Entzündungsvorgängen kommt, ist noch immer nicht eindeutig geklärt und der Ursprung nach wie vor Gegenstand der Forschung. Man vermutet, dass durch die Adipositas Stress im endoplasmatischen Retikulum (Gangsystem in der Zelle) ausgelöst wird, der wiederum die Entzündung in Gang bringt. Weitere Ursachen könnten eine Hypoxie im Fettgewebe oder oxidativer Stress aufgrund einer Hyperglykämie sein.

Das vom Fettgewebe sezernierte Adiponektin würde aufgrund entzündungshemmender Wirkung die Entzündungsvorgänge reduzieren, bei Adipositas sind jedoch die Plasmaspiegel erniedrigt. Eine Gewichtsabnahme führt zur Zunahme des Adiponektin-Spiegels. Adipositas ist weiters ein erhöhter Risikofaktor für die Tumorentstehung und die Sterblichkeit bei Krebserkrankungen, denn endokrine Signale aus dem Fettgewebe können förderlich auf die Entwicklung von Krebszellen wirken.

Ist das Bauchfett zuviel oder nicht?

Um den Risikofaktor Adipositas einschätzen zu können, verwendet man heutzutage eher den Bauchumfang als den Body-Mass-Index. Der Bauchumfang gibt indirekt Auskunft über die Menge an Bauchfett, die sich am gefährlichsten auf die Gesundheit auswirkt. Am besten misst man in der Mitte zwischen Hüftknochen-Oberkante und dem unteren Rippenbogen. Dort befindet sich meist auch der Nabel und daher ist dieser ein guter Ansatzpunkt. Am besten misst man frühmorgens nach dem Toilettengang, noch vor dem Frühstück. Da nicht nur das Gewicht sondern auch der Bauchumfang von Tag zu Tag schwanken kann, sollte man ihn über ein paar Tage hinweg messen und den Mittelwert ermitteln. Bei Frauen gelten 80 cm als erhöht und 88 cm gelten als gefährlich. Bei Männern liegen diese Werte bei 94 bzw. 102 cm.

Die reine Umfangmessung berücksichtigt jedoch nicht Faktoren wie Alter, Körpergröße etc.  Daher sollte man zusätzlich noch das Taille-zu-Größe-Verhältnis ermitteln (Bauchumfang geteilt durch Körperhöhe). Hier weisen folgende Werte auf Übergewicht hin: Jugendliche bis 15: > 0,4; Personen unter 40 Jahren: > 0,5; zw. 40 und 50 Jahren: > 0,55; Personen über 50 Jahren: > 0,6.

Das Fettgewebe ist also ein hochkomplexes Organ, das Hormone produziert und somit auch zur Steuerung des Gesamtorganismus beiträgt. Der Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Durchblutungsstörungen und Tumorwachstum wurde bereits bestätigt, weitere Untersuchungen im Hinblick auf andere Zusammenhänge werden sicherlich noch folgen.

Eindeutig ist allerdings jetzt schon, dass eine Gefahr für die Gesundheit davon ausgeht und dies sollte daher zu einem Nachdenken anregen. Ein Reduzieren der Nahrungsaufnahme und mehr Bewegung sind notwendig, um das Bauchfett schmelzen zu lassen. Ob nun mehrere kleinere oder wenige große Mahlzeiten - darüber ist man sich immer noch nicht ganz einig. Die Reduktion der Gesamtzahl der aufgenommenen Kalorien ist wichtig.